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Chemotagebuch – Tag 312 – 16.03.2017

Die Angst ist mein ständiger Begleiter. Meist schwingt sie subtil im Subtext mit, versteckt, unbewusst.

Das ist gefährlich. Unbewusste Ängste. Sie machen mich mürbe.

Doch wie werde ich dieser Ängste Herr?!? Die Lösung offenbart sich hier… Genau hier und jetzt.

Denn so wie die Dunkelheit das kleinste Fünkchen Licht fürchtet, so fürchtet die Angst jedes Fünkchen Bewusstheit welche die Angst beleuchtet.

Beim Versuch die Angst zu besiegen bin ich zu oft gescheitert. Der Grund liegt auf der Hand. Die Angst ist ein Teil von mir. Wenn ich sie bekämpfe und verleugne, bekämpfe und verleugne ich in Wirklichkeit doch nur mich selbst.

Ich kann die Angst nicht einfach von mir abschneiden und vor mich hinlegen. Wegschieben. Pfui!

Klüger ist es irgendwie sich der Angst zuzuwenden. Sie anzuschauen. Ja, ich möchte die Ängste sogar einladen sich zu zeigen. Ich bin bereit dafür.

Das Gespräch mit meinem Arzt hat stattgefunden. Nicht so wie ich es mir gewünscht hätte, vis-a-vis… Es gab ein kurzes Telefonat, bei dem ich zumindestens nicht den Eindruck hatte, dass der Arzt arg unter Zeitdruck stand. Er nimmt sich die Zeit dann.

So richtig klar hat er sich jedoch bezüglich der Größe des Tumors nicht geäußert. Enttäuschend.

Bei den CT-Aufnahmen die in Münster angefertigt wurden, habe ich jedenfalls gesagt bekommen um wieviel der Tumor gewachsen/geschrumpft ist. Ich mein so richtig wissenschaftlich mit Maßangabe und so…

Wie dem auch sei. Quintessenz: der Tumor ist offenbar nicht gewachsen *yippie*

Das ist für mich erstmal eine positive Nachricht. Es verschafft mir wieder etwas Zeit. Zeit für was?

Tja, das ist eine verdammt gute Frage. Da komme ich dann wieder zu den Ängsten… Die Angst zu „versagen“ spielt hier irgendwie eine Rolle. Versagen in Bezug auf die Genesung. Irgendwie bin ich ja dafür verantwortlich wieder gesund zu werden. Was wenn ich es verreiße? Ernähre ich mich gesund genug? Gönne ich mir genug Ruhe? Bewege ich mich genug? Nehme ich die richtigen Medikamente/Heilmittel? Was könnte ich sonst noch tun um wieder gesund zu werden?

Vielleicht verpasse ich ja was… Vielleicht könnte mich dieser Pilz oder jene Frucht retten… Oder aber diese jene welche bestimmte Therapie bei der die Chakren gereinigt werden oder weiß der Kuckuck was…

Und dann mache ich mir bewusst dass ich auch nur mein Bestes geben kann. Und dann frage ich mich ob das wirklich mein Bestes ist, oder ob nicht irgendwo noch eine kleine Reserve schlummert…

Was ist wenn ich versage…

Die Chemotherapie haben wir jetzt erstmal pausiert. Der Anstieg der Schmerzen ist einfach zu gravierend. Mein Verbrauch ist mittlerweile sich hoch, dass vorgeschlagen wurde das natürlich gewonnene Morphin durch das künstlich hergestellte Hydromorphon zu ersetzen. Das wirkt 7x stärker…

Wenn es tatsächlich wirkt und ich schmerzfrei sein kann… Ich werde es nicht ablehnen 😉

Nach Maßgabe des Arztes machen wir jetzt 3 Wochen Pause und sehen dann weiter. Er will dann schon mit der Chemotherapie weiter machen. Irgendwie habe ich das Gefühl als würde ich unter Zeitdruck stehen…

Ich möchte gern länger Pause machen und zwar solange, bis ich das Morphin/Hydromorphon wieder reduzieren kann.

Ich mein, irgendwo kommen die Schmerzen ja her… Irgendwas ist da also mächtig gewaltig kaputt unten rum… Das würde ich gern noch etwas in Ruhe lassen und nicht schon wieder mit der Streitaxt draufhauen.

Naja, warten wir erstmal 3 Wochen ab.

Die spannende Frage in Richtung Facharzt ist ohnehin: wie soll es langfristig weitergehen?!?

Laut Onkologe ist nicht damit zu rechnen, dass der Tumor von der Chemo komplett verschwindet. Man gibt sich damit zufrieden, dass der Tumor nicht weiter wächst und keine weiteren Tumore auftauchen. Daher auch „Erhaltungstherapie“ => Erhaltung des Status Quo

Also dann Chemo für den Rest meines Lebens?!? Scheinbar schon! Wobei „der Rest“ meines Lebens so viel nicht sein wird wenn ich die Chemo weiter mache… :-/

Denn trotz künstlicher Ernährung schwankt mein Gewicht mit Tendenz zum langsamen Abnehmen.

Das geht ne zeitlang gut vielleicht.

Ich bin gespannt was der Doktor hierzu spricht.

Im Übrigen haben wir ein Mittelchen gefunden mit dem ich meine Übelkeit/mein Erbrechen eindämmen konnte. Leider kann ich das derzeit nicht auf Kassenrezept bekommen und eine Wochenration kostet um die 235€.

Das übersteigt leider mein Budget.

Durch ein neues Gesetz welches die Tage in Kraft getreten ist, kann es jedoch dazu kommen, dass die Krankenkasse die Kosten übernimmt.

Der Antrag ist gestellt und muss nun vom medizinischen Dienst geprüft werden. Das kann sich bis zu 5 Wochen hinziehen…

Wenn der Antrag genehmigt wird kann ich in Zukunft Cannabisblüten und Dronabinol-Tropfen auf Rezept bekommen.