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Chemotherapie – Tag 94 – 24.08.2016

Im Moments es echt anstrengend mit mir. Ich meine, ich geh mir selbst auf den Sack mit meiner mürrischen Art und Weise.

Zumal dieser „Zustand“ nun schon relativ lange anhält. Es ist sehr anstrengend. Sicher, mir selbst ist vollkommen klar, dass es sich nur um eine Phase handelt. Ein Abschnitt den ich wohl oder übel durchleben muss. Das wäre auch an sich nicht das Problem. Ich kann mich selbst ankotzen und mir derbe auf die Nüsse gehen, das halte ich aus… 🙂

Nur,… Ich bin ja nicht alleine in dieser Phase meines Lebens. Zum Glück!

Dennoch ergibt sich daraus eine Herausforderung. Meine Familie muss mich ja ebenfalls so ertragen. Und Stress und zusätzlicher Stress ergeben unter’m Strich noch mehr Stress…

Das ist ein Teufelskreis und ich Sucher derzeit nach einem Ausweg. Es kann ja keine Lösung sein, dass ich mich in ein stilles Kämmerlein einschließe oder aus Frust den ganzen Tag im Bett verbringe. Oder doch? Eine Zeit lang mag das okay sein. Zumindestens solange, bis man sich selbst die Situation klar gemacht hat.

An diesem Punkt stehe ich fast. Mir ist klar, dass ich selbst der Einzige bin, der das entspannen kann. Was mir noch nicht klar ist, wie ich das anstellen soll.

Es gab eine Phase des Krebses, da haben mich die körperlichen Beschwerden und Schmerzen erschöpft und in die Knie gezwungen. Ich hatte einen Punkt erreicht, an dem ich einfach nicht mehr konnte. Ein Punkt, an dem einfach keine Kraft mehr da war. Keine Kraft da ist. Ich habe diesen Punkt noch nicht überwunden!

Nun stehe ich an einem Punkt an dem ich so langsam mental erschöpft bin… Die Nerven liegen so blank, dass ich für alles und jeden nen Ausraster kriegen könnte, aber so richtig aggressiv. Teilweise beängstigend.

Dabei weiß ich nichtmal genau wieso eigentlich.

Das ist der Clou an dieser ganzen beschissenen Phase gerade… Ich hab nicht die leiseste Ahnung was mich eigentlich so aggressiv macht. Meine Frau gibt sich die allergrößte Mühe die man sich überhaupt nur vorstellen kann, irgendwie mit der Situation vernünftig umzugehen, mehr geht nicht.

Unsere 2 Babys haben ihre eigenen Sorgen und Nöte und es ist meine Aufgabe als Vater für sie da zu sein und sie zu beschützen. Sie zu hegen und zu pflegen, was immer auch kommen mag.

Wie soll das aber gehen wenn ich selbst so unausgeglichen bin?

Vielleicht sollte ich mal mit dieser Aggression raus in den Wald gehen und einfach mal laut schreien. Kreischen bis meine Stimme versagt. Ansonsten weiß ich auch nicht weiter…

Was könnte ein Psychologe für mich tun? Könnte er mir helfen? Irgendwie Mumpitz, der beste Psychologe den ich haben kann ist meine Frau. Allerdings hat sie ja auch nicht unbegrenzte Kräfte…

Es ist im Moment eine recht verzwickte Situation irgendwie.

Aber irgendwie hat es mir glaube ich schon geholfen, das einfach mal so hier hin zu kotzen.

Und,…. Davon abgesehen… Da ist ja nicht nur Hass, Zorn und Wut in mir drin sondern auch jede Menge Liebe die ich ebenfalls wahrnehme. Hopfen und Malz ist also noch nicht verloren… 🙂

Chemotagebuch – Tag 6 – 28.05.2016

Wem gegenüber bin ich Rechenschaft schuldig? Muss ich am Ende meiner Tage Rechenschaft vor einer „höheren Instanz“ (sprich „GOTT“) ablegen, werde gewogen, vermessen und bewertet?

Nach welchem Maßstab wohl?

Oder ist es völlig gleichgültig was ich tue, welche Entscheidungen ich treffen, welchen Weg ich wähle…

Möglicherweise liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen, es gibt wohl nicht nur schwarz und weiß. Was mich beschäftigt ist die Motivation. Meine Motivation.

Bestimmte Dinge mach ich ja lieber als andere, wieder andere mache ich ständig. Und ganz andere versuche ich so lange es geht zu vermeiden.

Wenn ich mir beispielsweise etwas vornehme, und ich schaffe es einfach nicht das umzusetzen, zu verwirklichen. Da ist also ein „Ich“ das etwas will, ein „Ich“ das es nicht schafft (muss ja nicht das selbe sein) und noch ein weiteres „Ich“ was das ganze dann bewertet.

Diese ganzen verschiedenen Facetten meiner selbst feiern gerade ne dicke Party in meinem Bewusstsein und geben sich ein Stelldichein.

Wir können nur unser Ich kann nur mein Bestes geben. Und darauf hoffen, dass es genügt.

Wofür genügt? Tja,… für die eigenen Erwartungen und die der anderen…

Und was bleibt übrig wenn ich alle Erwartungen wegnehme?