Ein paar Wochen sind schon wieder vergangen, es ist an der Zeit ein paar Gedanken aufzuschreiben.
Alles in allem geht es mir gerade recht gut möchte ich meinen. Zumindestens körperlich mache ich Schritt für Schritt in die richtige Richtung. Ich bin davon überzeugt, dass das auf die „Chemo-Pause“ zurück zu führen ist. Der Körper kann sich Stück um Stück etwas erholen.
Mein Gewicht hat sich ebenfalls stabilisiert. Ich bin ja damals mit 53 Kilo in die Raphaelsklinik gekommen und nun bin ich die 2. Woche in Folge bei 57 Kilo. Darüber bin ich wirklich sehr froh, denn ich habe sowieso einen niedrigen Blutdruck mit dem dazu passenden instabilen Kreislauf, der häufig nicht so ganz im Kreis läuft…
Da merkt man bei den Größenordnungen jedes weitere fehlende Kilo!
Kurz- bzw. mittelfristiges Ziel sind jetzt dann erstmal 65 Kilo. Ich hoffe, dass ist nicht zuuuuuuu optimistisch… -.-
Ebenfalls einen positiven Verlauf kann ich bei der Schmerzentwicklung feststellen. Mein Morphinverbrauch hat sich in den letzten Tagen doch ziemlich reduziert.
Ich kann das so genau sagen, weil die Pumpe das ja abspeichert und ich mir die Auswertung jedes Mal ansehe, wenn ich den Morphin-Tank oder die Batterien der Pumpe wechsle…
Auch hier bin ich davon überzeugt, dass die derzeitige Chemo-Pause dem Darm die Möglichkeit der Regeneration bietet und sich die Gesamtsituation deutlich entspannt. Und somit entsprechend auch die Schmerzen erstmal weniger werden…
Dennoch gibt es auch den physischen Teil betreffend Grund zur „Sorge“, denn die zu mir genommene Nahrung verbleibt nicht immer dort wo sie hingehört.
Leider habe ich noch keine Systematik erkannt, so dass ich sagen könnte, wenn ich dies oder jenes esse, dann übergebe ich mich auf jeden Fall. Oder wenn ich dies oder jenes meide dann geht es ganz gut.
Es lässt sich kaum ein Zusammenhang herstellen. Die einzige Möglichkeit derzeit das Risiko einer ungewollten Magenentleerung zu minimieren besteht darin, die Portionsgröße ebenfalls zu minimieren.
Bei der Magenspiegelung vor ein paar Tagen ist raus gekommen, dass die Nahrung nicht ungehindert „abfließen“ kann. Was genau die Lebensmittelstauung verursacht konnte der Arzt per Sichtung via Speiseröhre nicht ermitteln.
Da bin ich dann auf die Ergebnisse des CT angewiesen, welches demnächst gemacht werden wird.
Diesbezüglich haben wirk kommenden Dienstag einen Termin bei meinem (vermutlich) zukünftigen Onkologen in Greven.
Dort gibt es ebenfalls eine ambulante Praxis in der ich mir die Chemie verabreichen lassen kann, sollte es dazu kommen, dass ich die Chemo weiter mache.
Zudem gibt es in dieser Einrichtung (Maria-Josef-Hospital) auch eine Palliativstation.
Sollte sich auf Grund meines Gesundheitszustandes erneut ein Krankenhausaufenthalt unvermeidbar machen, ist es für meine Familie um ein vielfaches angenehmer nur nach Greven statt nach Münster fahren zu müssen.
Wie es dann also therapeutisch weiter geht werden wir kommende Woche dann mit dem neuen „Fachmann in weiß“ besprechen.
Doch auch an anderer Stelle staut es sich gerade (nicht nur in meinem kaputten Magen-Darm-Trakt).
Auch was die feinstofflicheren Ebenen betrifft scheint die Energie gerade alles andere als im Fluss zu sein. Vor allem die letzten Tage habe ich wieder massive Probleme mit meiner Aggressivität.
Meine ganze Art und Weise im Moment ist voll „pöbelig“, oft auf Krawall aus.
Dabei ist das an sich überhaupt nicht meine Art… Da will also ganz offensichtlich etwas an die Oberfläche, was da seit gut 33 Jahren nicht gewesen ist.
Und irgendwie bin ich damit überfordert wie ich damit umgehen soll.
Mir ist bewusst, dass jeder Mensch seine Schattenseiten hat. Und ich glaube, dass es eine gesunde Strategie ist, diese „Schatten“ so nach und nach wieder zu integrieren.
Also anzuerkennen, dass diese und jene Charaktereigenschaft eben auch zu einem gehört, auch wenn sie mir 10 Mal unangenehm ist. Oder peinlich sogar.
Doch auch diese schmutzigen Stellen des Pokals wollen betrachtet werden im Lichte der eigenen Aufmerksamkeit.
Jedoch habe ich irgendwie Angst davor diese Aspekte meiner Seele völlig anzunehmen.
Irgendwie stecke ich da seit geraumer Zeit fest. Komme einfach nicht weiter. Und ich sehe natürlich wie vor allem die Beziehung zu meiner Frau darunter leidet. Da spielt dann sicherlich Verlustangst auch wieder eine Rolle. Ein Teufelskreis… -.-
Hinzu kommt, dass mir in den letzten Tagen und Wochen wieder extrem die Motivation fehlt für alles. Es fällt mir an den meisten Tagen schon so schwer überhaupt aus dem Bett zu kommen, dabei sollte ich mega-erholt sein. Meine Frau reißt sich alle Beine raus, dass ich zu meinem Schlaf und meiner Ruhe komme und es reicht scheinbar einfach nicht… Oder besser gesagt, es stellt sich nicht die gewünschte „Wirkung“ ein. Trotz viel Schlaf bin ich dennoch häufig schnell wieder ermüdet…
Im Krankenhaus wurde ich darüber aufgeklärt, dass es dafür auch einen wissenschaftlichen Sammelbegriff gibt.
„Fatigue“ – chronische Müdigkeit bei Krebs…
Auch hier gilt es wieder den „richtigen“ Mittelweg für mich auszuloten. Einerseits brauche ich die Ruhe und die Erholung.
Andererseits macht es mich auch sehr unglücklich, wenn ich nichts „schaffe“. Und sei es nur ein Spaziergang oder ein kurzer Ausflug mit der Familie zum einkaufen oder meinetwegen auch nur Glas und Papier wegbringen… Bei der ganzen Ruhe und dem nichts-Tun brauche ich auch den Gegenpol, das Tun. Das Machen. Das Wirken.